Wie man in Programmen lenkt
- Christian Rudischer's Blog
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In einem früheren Blogbeitrag haben wir untersucht, was Programme ausmacht und von Projekten unterscheidet. Dieser Artikel widmet sich der Frage, welche Governancestrukturen die Lenkung von Programmen und ihrer einzelnen Projekte unterstützen.
Programm ist nicht gleich Programm
Wir haben gesehen, dass unter der Bezeichnung „Programm“ in der betrieblichen Praxis unterschiedliche Dinge verstanden werden. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Governancestrukturen von Fall zu Fall. Es kommt jedoch immer darauf an, dass Aufgaben, Befugnisse und Verantwortungen
- zwischen Governance- und Managementebene einerseits und
- zwischen Programm- und Projektebene andererseits
so aufeinander abgestimmt sind, dass es weder Überschneidungen noch Lücken gibt.
Im Folgenden wollen wir uns drei typische Konstellationen ansehen.
Das WARUM-Programm zur Nutzenoptimierung
In dieser Konstellation beschreiben die Programmziele das WARUM, also die Realisierung eines strategischen oder operativen Nutzens wie Marktanteilssteigerung oder Qualitätsverbesserung unter der Verantwortung der Programmleitung. Diese überlegt sich dazu unterschiedliche Maßnahmen, initiiert die entsprechenden Projekte und verantwortet deren Business Cases. Sie ist also hinsichtlich der einzelnen Projekte in der Auftraggeberrolle. Allerdings liegt die Verfügungsgewalt über Projektressourcen häufig nicht allein bei ihr, sondern verbleibt zu maßgeblichen Teilen beim Management der Stammorganisation.
Aufgrund ihres Umfangs und ihrer Bedeutung benötigen diese Programme als Governancegremium in den allermeisten Fällen einen Programmlenkungsausschuss, der aus Mitgliedern des Senior Managements der Stammorganisation besteht. Die passende Governancestruktur auf Projektebene ist entweder die Programmleitung als Projektauftraggeber oder ein Projektlenkungsausschuss, dem neben der Programmleitung einzelne Mitglieder des Programmlenkungsausschusses angehören, die im jeweiligen Projekt eine spezifische Rolle übernehmen, etwa durch Bereitstellung von Personalressourcen oder Vertretung von Kunden-/Anwenderinteressen.
Das WAS-Programm zur Ergebnisintegration
Hier beschreiben die Programmziele das WAS, also konkrete, meist umfangreiche Ergebnisse wie die Errichtung einer Produktionsanlage oder den Technologiewechsel in einem Infrastrukturnetz. Die Verantwortung für die Realisierung eines Nutzens aus diesen Ergebnissen liegt nicht mehr bei der Programmleitung, sondern beim Management der Stammorganisation: Der Betrieb einer neuen Produktionsanlage ist Aufgabe der Produktionsleitung, der Verkauf eines neuen Produkts Aufgabe der Vertriebsleitung. Die einzelnen Projekte unter einem solchen Programm sind von Anfang an weitgehend vorgegeben, ein Business Case existiert nur auf Programmebene, weil erst durch das Zusammenwirken der Ergebnisse aller Einzelprojekte ein Nutzen entsteht.
Wiederum wird aufgrund des Umfangs auf Programmebene häufig ein Lenkungsausschuss die adäquate Governancestruktur darstellen, je nach Unternehmensstruktur kann aber auch eine Einzelperson als Programmauftraggeber*in ausreichen. Innerhalb eines solchen Programms hat die Programmleitung dieselben Aufgaben, Befugnisse und Verantwortungen wie eine Projektleitung, die einzelnen Projekte (oft auch als „Teilprojekte“ bezeichnet) brauchen daher keine zusätzlichen Governancestrukturen.
Das WIE-Programm zur Effizienzsteigerung
Bei diesen Programmen sind sowohl das WARUM als auch das WAS durch die Business Cases und Ziele der einzelnen Projekte vollständig definiert. Das Programm wird als zusätzliche Organisationsebene „drübergestülpt“, um zwischen den einzelnen Projekten Synergien zu maximieren oder Reibungsverluste zu minimieren. Aufgabe der Programmleitung ist daher im Wesentlichen die Koordination und das gemeinsame Reporting der Einzelprojekte, möglicherweise auch Beiträge zu einzelnen Aspekten des Projektmanagements wie einheitliches Stakeholdermanagement oder ganzheitliches Risikomanagement. Die Einzelprojekte werden unabhängig vom Programm (manchmal schon zeitlich davor) vom Management der Stammorganisation initiiert. Dieses Management der Stammorganisation verantwortet auch die jeweiligen Business Cases und stellt die benötigten Ressourcen bereit.
Als Governancestruktur bietet sich in solchen Fällen ein einheitlicher Auftraggeber oder Lenkungsausschuss für alle Einzelprojekte an, der beispielsweise Ziel- oder Ressourcenkonflikte zwischen einzelnen Projekten auflöst, auf die die Programmleitung hinweist, und so die Realisierung des Zusatznutzens aus dem Programm lenkt und überwacht.
Fazit
Um für Ihr Programm eine geeignete Governancestruktur zu entwerfen, brauchen Sie zunächst Klarheit darüber, was das Programm erreichen soll und wieviel Verantwortung und Macht Sie an die Programmleitung übertragen. Abhängig davon können Sie sich an einer der drei Konstellationen orientieren, die in der folgenden Tabelle nocheinmal gegenübergestellt werden:
WARUM-Programm | WAS-Programm | WIE-Programm | |
---|---|---|---|
Zweck der Programmstruktur | Optimierung des Nutzens | Integration der Projektergebnisse | Effizienzsteigerung |
Programmziele beschreiben... | Nutzen (WARUM?) | Produkt (WAS?) | Gemeinsamkeit der Einzelprojekte |
Programmleitung verantwortlich für... | Outcome, Nutzen | Output | Koordination & Reporting der Projekte; ev. Synergien, Risikomanagement, Stakeholdermanagement |
Business Case(s) für... | Einzelprojekte | Programm | Einzelprojekte |
Governancestruktur auf Programmebene | Programm-LA | Programmauftraggeber oder Programm-LA | einheitlicher PAG/PLA für alle Projekte |
Governancestruktur auf Projektebene | projektspezifisch: PAG = Programmleitung oder PLA aus Programmleitung + einzelne Mitglieder des Programm-LA | - | |
Business-Case-Verantwortung liegt bei... | Programmleitung | Programmauftraggeber / Programm-LA | PAG/PLA |
Initiierung der Einzelprojekte durch... | Programmleitung (aus dem Programm heraus) | Programmauftraggeber / Programm-LA (bereits im Programmauftrag definiert) | PAG/PLA (aus dem Programm heraus oder in bereits bestehenden Projektaufträgen definiert) |
Bereitstellung wesentlicher Ressourcen erfolgt durch... | Programmleitung, Programm-LA | Programmauftraggeber / Programm-LA | PAG/PLA |
PAG = Projektauftraggeber; (P)LA = (Projekt-)Lenkungsausschuss |
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